Optimiertes Bestandsmanagement in der Prozessindustrie

Optimiertes Bestandsmanagement in der Prozessindustrie

Wie Lösungen der fortgeschrittenen Analyse dabei unterstützen, das Bestandsmanagement in der Prozessindustrie zu optimieren

Lagerhaltung wird in der Wirtschaft oft als „notwendiges Übel“ betrachtet, das viel Zeit und Geld kostet. Ob Sie nun zu wenig oder zu viel im Lager haben – Ihr Inventar hat auf jeden Fall Auswirkungen auf die Rentabilität Ihres Unternehmens.

In der Prozessindustrie mit ihrem vielfältigen Produktportfolio kann das Bestandsmanagement eine besonders komplexe Angelegenheit sein. In diesem Artikel fokussieren wir uns auf die Herausforderungen, die das Bestandsmanagement für Unternehmen in der Prozessindustrie mit sich bringt, und erklären, wie sie mit fortschrittlichen Analyseverfahren gelöst werden können…

Warum ist ein optimales Bestandsmanagement in der Prozessindustrie so wichtig?

Die Besonderheiten in der Prozessindustrie

In der Prozessindustrie werden hauptsächlich Rohstoffe und Inhaltsstoffe verarbeitet, die für die Herstellung eines Endproduktes benötigt werden. Die Produktion basiert auf Rezepturen und nicht auf einer Stückliste wie z. B. in der Automobilindustrie. Bei vielen der zu verarbeitenden Materialien handelt es sich um Schüttgut oder um Flüssigkeiten. Am Ende des Produktzyklus können die Produkte also nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden, wie z. B. ein Auto.

Solche Materialien und Bestandteile werden häufig in Unternehmen verwendet, die Lebensmittel, Getränke, Ölerzeugnisse, Benzin, Arzneimittel, Chemikalien und Kunststoffe herstellen.

Besondere Herausforderungen bei der Lagerung der Waren

Viele dieser Inhaltsstoffe und Rohmaterialien haben eine kurze Haltbarkeitsdauer. Zudem  sind sie oftmals giftig oder gefährlich, so dass ihre Lagerung, Handhabung und Überwachung besonders wichtig ist. Hierbei sind bestimmte Faktoren zu beachten:

Das Material muss bei der richtigen Temperatur gelagert werden (z. B. Kühllagerung für Arzneimittel). Verschiedene Arten von Inhaltsstoffen oder Materialien können nicht zusammen gelagert werden. Abstände zwischen bestimmten Produkten müssen eingehalten werden. Einige Produkte können aus Sicherheitsgründen nicht zu nahe an Produktionsanlagen oder anderen Firmengebäuden gelagert werden.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Unternehmen einen Überblick über ihre Bestände haben: Wie viel von was ist im Lager? Was muss wo gelagert werden? Wie lange befindet sich Material dort, und wie lange kann es bleiben, bis es verarbeitet werden muss?

Wenn es nicht gelingt, die Bestände effizient zu verwalten, kann dies zu einer Vielzahl von Problemen führen: höhere Kosten, mehr Abfall, Engpässe, Lieferverzögerungen, erhöhte Sicherheitsrisiken sowie Geldstrafen bei Nichteinhaltung der Sicherheitsvorschriften. Dennoch tun sich immer noch viel zu viele Unternehmen schwer, ihre Bestände ordnungsgemäß zu lagern, was zusätzlich zu Problemen in anderen Bereichen wie Beschaffung, Produktion und Logistik führt.

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Das richtige Gleichgewicht finden

Bei der Planung der Lagerbestände lautet die goldene Regel: nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Aber es fällt vielen Unternehmen schwer, das richtige Gleichgewicht zu finden. Unternehmen in der Prozessindustrie müssen einen ausreichenden Bestand in ihren Lagern vorhalten, um Lieferverzögerungen zu vermeiden. Andererseits sollen die Lagerkosten möglichst gering ausfallen. Über- und Unterbestände sind häufige Probleme beim Bestandsmanagement.

Überbestände

Zu Überbeständen bzw. Bestandsüberschüssen kommt es vor allem dann, wenn Unternehmen die Kundennachfrage falsch einschätzen oder die Beschaffung nach der „Just- in-Case-Methode“ (JiC ) erfolgt.

Nehmen wir die Ereignisse der letzten Jahre als ein klassisches Beispiel für Überbevorratung. Wurde jahrzehntelang zuvor das Just-in-Time-Konzept (JiT) umgesetzt, so veranlasste die enorme Nachfrage nach Produkten aus der Prozessindustrie viele Unternehmen dazu, hiervon abzuweichen. Während der Pandemie und der Unterbrechung der Lieferketten legten sie Pufferbestände an. Die „Hortung“ ließ jedoch nach, und die Energiekrise, die politischen Umwälzungen und die daraus resultierende steigende Inflation, haben seither zu einem Rückgang der Ausgaben von Verbraucher*innen und einem Einbruch der Nachfrage geführt, so dass Waren und Materialien ungenutzt in vielen Lagern liegen.

Überschüssige Bestände binden Kapital, da mehr Lagerfläche benötigt wird. In der Prozessindustrie beispielsweise muss ein Großteil der Bestände in Tanks und Fässern für Flüssigkeiten, in Silos und Lagern für Feststoffe und in Flaschen für Gase gelagert werden. Die Beschaffung und Unterhaltung dieser speziellen Lagereinheiten ist sehr kostspielig.

Darüber hinaus muss ein Großteil der Bestände in bestimmten Abständen Qualitätsprüfungen unterzogen werden. Bei Bestandsüberschüssen bedeutet dies eine Verschwendung von Zeit und Ressourcen.

Ein zu großer Lagerbestand erhöht zudem die Risiken wie Leckagen, Explosionen, Gesundheitsgefahren usw.. Andere Produkte wiederum können schnell verderben und müssen ggf. mit Verlust verkauft werden. Im schlimmsten Fall können sie nicht mehr in der Produktion verwendet werden und müssen entsorgt werden. Das verursacht weitere Kosten, vor allem wenn sie gesundheits- und umweltgefährdend sind und eine besondere Entsorgung erfordern. Dies wiederum trägt nicht dazu bei, den ökologischen Fußabdruck eines Unternehmens zu verringern, was es noch schwieriger macht, die vorgeschriebenen Umweltrichtlinien einzuhalten.

Unterbestände

 Je weniger ungenutzt im Lager liegt, desto besser. Die Unternehmen müssen aber dafür sorgen, dass immer – genug vorhanden ist. Unterbestände sind können also genauso schlecht sein für das Geschäft wie Überbestände.

Unterbestände sind ebenfalls eine Folge eines ungenügenden Bestandsmanagements. Aber auch plötzliche Unterbrechungen der Supply Chain, wie wir sie in den letzten Jahren erlebt haben, können zu leeren Lagern führen. Eine weitere Ursache ist in ungenauen Nachfragevorhersagen, beispielsweise nach Rohstoffen, zu finden. Während das Just-in-Time-Konzept jahrzehntelang in der Geschäftswelt beliebt war, haben großflächige Störungen wie die COVID-19-Pandemie oder die Auswirkungen der Klimakrise bewiesen, dass es kein „narrensicheres“ Konzept ist.

Die Folgen eines Bestandsmangels sind Produktionsengpässe, die Personalressourcen verschwenden, höhere Kosten verursachen, Lieferverzögerungen nach sich ziehen und letztlich zu unzufriedenen Kund*innen führen. Je nach Schwere der Verspätungen leidet die Kundenbindung und ein Unternehmen verliert seinen Wettbewerbsvorteil in einem Markt, der schon schwierig genug ist. Dies gilt umso mehr für die verarbeitende Industrie, da viele der von ihr produzierten Güter lebensnotwendig sind – wie zum Beispiel Lebensmittel, Medikamente, Öl und Gas.

Exkurs: Just-in-Time vs. Just-in-Case

Unternehmen, die die Just-in-Time-Strategie anwenden, konzentrieren sich auf die Vermeidung überschüssiger Lagerbestände und schlanke Produktionsprozesse. Die Just-in-Case-Strategie wird angewandt, um zu verhindern, dass einem Unternehmen beispielsweise bei einem plötzlichen Anstieg der Nachfrage die Bestände ausgehen. Beide Strategien haben zwar ihre Vorteile, aber auch ihre Nachteile.

Just-in-Time verhindert sowohl eine Überbevorratung als auch eine Überproduktion, so dass die Ressourcen in anderen Bereichen effizienter eingesetzt werden können. Just-in-Time bedeutet weniger Verschwendung und geringere Kosten, da die Unternehmen nur die Bestände vorhalten, die für die Produktion benötigt werden. Andererseits haben die Unternehmen bei einem plötzlichen Anstieg der Nachfrage, wenn die Lieferanten ihren Verpflichtungen nicht rechtzeitig nachkommen können oder unvorhergesehene Umstände wie Lieferverzögerungen eintreten, nicht genügend Vorräte auf Lager.

Just-in-Case ermöglicht es den Unternehmen, jede Art von Nachfrage zu befriedigen, was ihnen einen Wettbewerbsvorteil verschafft, da ihre Vorräte ständig auf Lager sind. Dies ermöglicht es ihnen auch, die Produktion fortzusetzen, während sie auf die Wiederauffüllung der Lagerbestände warten. Die Beschaffungskosten sind oft niedriger, da sie von Mengenrabatten profitieren oder Rohstoffe kaufen können, wenn die Preise am niedrigsten sind. Gleichzeitig spart Just-in-Case zwar Kosten in anderen Bereichen, doch sind die Lagerkosten für größere Bestände höher. Außerdem besteht das Risiko, dass Waren verderben oder veralten, wenn sie sich nicht wie erwartet verkaufen.

Zusammengefasst: Just-in-Time funktioniert nur, wenn die Bedingungen optimal sind: in Branchen, in denen es kaum gravierende Nachfrageschwankungen gibt und die Zuverlässigkeit der Lieferanten gegeben ist. Just-in-Case kann Wachstum und Flexibilität fördern, kann aber auch an anderer Stelle zu Problemen führen, wenn die Nachfrage einbricht und sich die Waren nicht verkaufen lassen.

Keines der Konzepte ist für sich allein genommen ohne Mängel. Eine hybride Methode, die beide kombiniert, kann praktikabel sein. Just-In-Time für Materialien und Inhaltsstoffe, die nicht regelmäßig benötigt werden, und Just-in-Case für Artikel mit langer Haltbarkeit und einer stabilen und vorhersehbaren Nachfrage.

Advanced Analytics als Lösung für Inventarprobleme

Die passende Strategie zu finden ist entscheidend, um sicherzustellen, dass ein Unternehmen über die richtigen Lagerbestände verfügt. Aber auch verschiedene Maßnahmen in anderen Bereichen können einen großen Beitrag zur Verbesserung des Bestandsmanagements leisten. Mehr Transparenz in der Lieferkette ist ein absolutes Muss. Wenn Sie in der Lage sind, Probleme in allen Bereichen – vom Lieferanten bis zum Endkunden – zu erkennen, kann dies Ihre Bestandsplanung erheblich erleichtern, da Sie einen viel besseren Überblick darüber haben, was wann benötigt wird.

Ein optimiertes Bestandsmanagement, das einem Unternehmen hilft, seine Lagerverfügbarkeit zu verbessern, seine Lagerbestände und Kosten zu senken und so Nachfrageänderungen und Herausforderungen in der Lieferkette zu bewältigen, ist mit einer manuellen Planung anhand von Tabellenkalkulationen nicht möglich. Dafür sind die globalen Lieferketten und das damit verbundene Bestandsmanagement in den letzten Jahrzehnte zu komplex geworden.

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Next Level Bestandsmanagement mit OPTANO

Durch den Einsatz einer Optimierungssoftware, die auf fortschrittlichen Analysemethoden wie Predictive und Prescriptive Analytics basiert, können intelligente Lösungen für komplexe Bestandsplanungsprobleme in der Prozessindustrie schnell, einfach und effizient umgesetzt werden.

Mit Hilfe einer Optimierungsplattform wie OPTANO kann ein Unternehmen alle relevanten Daten für die Analyse durch ein mathematisches Modell nutzen. Dieses kann nicht nur Ihre Bestandsverwaltung, sondern auch Ihre gesamte Lieferkette und Produktion abbilden, wobei alle Ihre Ziele, Variablen und Einschränkungen berücksichtigt werden.

Verschiedene Alternativen zu einem Problem werden in Was-wäre-wenn-Szenarien analysiert und verglichen, um die beste Lösung zu finden. Zum Beispiel: Was wäre, wenn das Unternehmen von Just-in-Time auf Just-in-Case umstellt? Wie wirkt sich der Ausfall eines Lieferanten auf die Bestände aus? Reicht der Pufferbestand  aus und inwiefern muss die Produktion angepasst werden?

Die Anwendung gleicher Daten in verschiedenen Szenarien ermöglicht es Ihnen, die lang- und kurzfristige Nachfrage zu prognostizieren. Auf diesem Wege erhalten Sie wertvolle Einblicke in Ihre Bestandsplanung. So werden Sie nicht nur in der  Entscheidungsfindung unterstützt. Sie können sich außerdem auf unerwartete Störungen vorbereiten und schnell  reagieren, indem Sie beispielsweise den Bestand an unterschiedliche Vorlaufzeiten und etwaige Änderungen der Produktionspläne anpassen. Sie können erkennen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um Über- und Unterbestände zu vermeiden, und bestimmen, wie Ihr Bestand optimal auf mehrere Lagerstandorte verteilt werden kann. 

Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie fortschrittliche Analysen zur Optimierung Ihres Bestandsmanagements oder anderer Bereiche Ihres Unternehmens beitragen können, können Sie unser Factsheet „Predictive und Prescriptive Analytics“ herunterladen.

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Lagerbestände: Wirklich ein notwendiges Übel?

Bestandsmanagement verbunden mit der Ermittlung von Lagerbeständen ist auf jeden Fall eine Notwendigkeit. Allerdings muss dies kein Übel werden. Mit dem Einsatz fortschrittlicher Analysetechniken und mathematischer Optimierung, können Lager und Inventar effizient verwaltet werden.

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Dr. Patrick Schuhmann
Analytics Consultant