Wie man den Bullwhip-Effekt mit Supply Chain Analytics vermeiden kann
“Das Ende einer Peitsche kann, bei korrektem Schlag, auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt werden, was den „Peitschenknall“ hervorruft. Der Knall resultiert aus der Bildung einer Schlaufe, welche sich mit steigender Geschwindigkeit auf das Peitschenende zubewegt und dabei, beim Öffnen am Ende der Schnur, die Schallgeschwindigkeit überschreitet.“ – Wikipedia
Wir alle haben sie erlebt: die gähnende Leere in den Supermarktregalen, verursacht durch Massenpanikkäufe von Grundnahrungsmitteln und Hygieneartikeln während der COVID-19-Pandemie. Solche Beschaffungsschwierigkeiten sind eine Ursache des „Bullwhip-Effekts“ (Peitscheneffekt).
Was ist der Bullwhip-Effekt?
Der Bullwhip-Effekt ist ein Phänomen, das Nachfrageänderungen am Ende einer Lieferkette (also bei Endkund*innen) beschreibt, die dann zu Schwankungen und Verzerrungen entlang der gesamten Kette führen. Stellen Sie sich das folgendermaßen vor: Die Kundin bzw. der Kunde hält den Griff der Peitsche in der Hand und bewegt ihn ganz leicht. Dies führt zu kleinen Bewegungen in den Teilen, die dem Griff am nächsten sind, aber zu immer größeren, unvorhersehbaren Bewegungen in Richtung der Peitschenspitze. Übertragen auf die Lieferkette bedeutet dies: Eine noch so kleine Veränderung der Nachfrage von Endkund*innen breitet sich entlang der Lieferkette wie ein Peitschenknall aus. Dies führt zu Diskrepanzen in allen Bereichen der Lieferkette – vom Handel über die Logistik und die Produktion bis hin zur Lieferung von Rohstoffen.
Genau das ist während der Pandemie geschehen. Anfang 2020 stieg zum Beispiel die Nachfrage nach Toilettenpapier um enorme 700 %. Die „Panikkäufe“ der Verbraucher*innen führten wiederum beim Einzelhandel zu einer Erhöhung der Bestellungen für Toilettenpapier. Um der plötzlich gestiegenen Nachfrage nachkommen zu können, musste die Produktion in den Herstellungsstätten hochgefahren werden. Wie wir wissen, handelte es sich hierbei um ein vorübergehendes Phänomen, und die Nachfrage sank genauso schnell, wie sie gestiegen war, und der Absatz ging um 33% zurück. Mit dem Einfluss der Nachfrageänderung nach Toilettenpapier auf die jeweils vorgelagerte Stufe der Lieferkette, handelt es sich hierbei um ein klassisches Beispiel für den Bullwhip-Effekt.
Nicht nur die oben genannten Panikkäufe verursachen diesen Effekt. Wenn ein Produkt plötzlich beliebt wird, kann ein unvorhergesehener Anstieg der Nachfrage zu Engpässen führen und ebenfalls einen Bullwhip-Effekt auslösen. Da die Menschen während des Lockdowns viel Zeit zu Hause verbrachten, kamen sie auf die Idee, ihre Häuser zu renovieren, ihre elektrischen Haushaltsgeräte aufzurüsten oder in neue Unterhaltungselektronik zu investieren. Das Problem der Produzenten und Zulieferer im Elektroniksektor bestand darin, dass sie nicht mit der überwältigenden Nachfrageveränderung Schritt halten konnten. Eine Ursache hierzu ist im Konzept der „Just-in-Time“-Produktion beziehungsweise -Lieferung zu finden, die sich in den letzten Jahrzenten auf den Märkten durchgesetzt hat.
Was tun gegen den Bullwhip-Effekt?
Doch ganz gleich, ob der Bullwhip-Effekt durch Panikkäufe oder nur durch eine vorübergehende Modeerscheinung ausgelöst wird, das Ergebnis für die Unternehmen sind überschüssige Bestände, ineffiziente Produktions- und Logistikpläne und letztlich höhere Kosten – sowohl für die Lieferanten als auch für die Kund*innen, insbesondere für die Endkund*innen. Da der Bullwhip-Effekt in der Regel alle Akteur*innen unvorbereitet trifft, ist es wichtig, dass es ein effektives Lieferkettenmanagement gibt, um zumindest die Auswirkungen der Verstärkung abzumildern oder im besten Fall diese zu verhindern, bevor der Peitschenhieb zu spüren ist. Im Folgenden haben wir einige Beispiele aufgeführt, wie dies gelingen kann:
1. Kommunikation ist das A und O!
Je besser Sie wissen, was in allen Stufen der Lieferkette vor sich geht, desto besser können Sie mit auftretenden Problemen umgehen. Die Kommunikation zwischen allen Beteiligten ist von entscheidender Bedeutung – nicht nur zwischen Ihnen und Ihren Kund*innen, Ihren Lieferanten und Logistikdienstleistern, sondern auch zwischen den internen Abteilungen eines Unternehmens – Produktion, Einkauf, Versand usw. -, damit alle über nötige Informationen verfügen und auf dem aktuellen Stand sind. Der Austausch wichtiger Informationen und die Zusammenarbeit bei der Bedarfsprognose können dazu beitragen, Fehler zu vermeiden, wie z. B. die Bestellung einer zu großen oder zu kleinen Menge eines Produkts. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, das Verbraucherverhalten zu analysieren: Wann werden Bestellungen für ein bestimmtes Produkt am häufigsten platziert? Welche Kundengruppe kauft was?
Behalten Sie die Markttrends im Auge – warum ist ein bestimmtes Produkt jetzt beliebt und wird es sechs Monate später noch so sein? Das Motto lautet: „Kenne deinen Kunden!“, nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft.
2. Behalten Sie den Überblick über Ihre Bestände!
Bei einer soliden Bestandsplanung geht es vor allem darum, die richtigen Produkte in der richtigen Menge auf Lager zu haben. Das bedeutet, dass Sie den saisonalen Bedarf analysieren und vorausschauend planen müssen, um zu wissen, welche Produkte möglicherweise auslaufen und welche neu eingeführt werden könnten. Ihre Bestände müssen regelmäßig überprüft (ist ein bestimmter Artikel zu viel oder zu wenig vorrätig?) und gegebenenfalls angepasst werden. Hier kann ein effektives Berichts- oder Frühwarnsystem eine große Hilfe sein.
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3. Kürzen Sie Ihre Durchlaufzeiten!
Der Bullwhip-Effekt kann in hohem Maße reduziert werden, wenn die Durchlaufzeiten verkürzt werden. Denn je schneller die Produkte hergestellt werden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Teile und Komponenten in den Lagern ansammeln. Natürlich ist es auch sinnvoll, die wichtigsten Teile in ausreichender Menge auf Lager zu haben, um Engpässe zu vermeiden. Voraussetzung hierfür ist die Transparenz Ihrer Produktionsplanung, damit Sie genau wissen, wie viel Sie produzieren müssen und wie viele Waren Sie bestellen und auf Lager haben müssen.
4. Halten Sie Ihre Lieferkette kurz!
Halten Sie Ihre Lieferkette kurz und überschaubar! Dies ist der effektivste Weg, um Transparenz zu schaffen. Konzentrieren Sie sich darauf, Lieferanten zu finden, die sich näher an Ihrem Unternehmen oder Ihrem Produktionsstandort befinden. So gewährleisten Sie eine schnellere Lieferung der für die Produktion benötigten Rohstoffe und können so wiederum die Anforderungen Ihrer Kunden viel leichter erfüllen. Außerdem kann eine bessere Kommunikation gewährleistet werden, wenn Sie nur einige wenige zuverlässige Lieferanten in Ihrer Nähe haben, anstatt in Südostasien, zum Beispiel.
5. Digitalisieren Sie Ihre Lieferkette!
Die oben genannten Punkte mögen zwar einfach und logisch erscheinen, ihre Umsetzung erweist sich jedoch oft als schwierig. Lieferketten verursachen riesige Datenmengen und viele verschiedene in konflikt stehende Ziele sowie Einschränkungen sind zu berücksichtigen. Da kann man leicht seine Ziele aus den Augen verlieren. Dies gilt insbesondere dann, wenn Sie herkömmliche Planungsmethoden wie Tabellenkalkulationen verwenden. Je komplexer Ihre Lieferkette ist, desto schwieriger ist Ihre Planung. Dabei ist eine vorausschauende Planung besonders wichtig, um rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen zu können, damit die Peitsche nicht außer Kontrolle gerät. Durch den Einsatz einer Planungssoftware, die fortschrittliche Supply-Chain-Analysen einsetzt, können Sie den Bullwhip-Effekt eindämmen und Ihr Unternehmen mit einer optimierten Bedarfsplanung vorantreiben und so letztendlich die Nachfrage von Kund*innen zu erfüllen.
Supply Chain Analytics erfolgreich einsetzen – mit OPTANO
Fortschrittliche Software, die Supply Chain Analytics einsetzt, kann helfen, Nachfragetrends und -änderungen vorherzusagen und besser zu verstehen. Die Lieferkettenanalyse identifiziert nicht nur Nachfragemuster, sondern zeigt auch deren Wahrscheinlichkeit und Auswirkungen auf und bietet – durch den Einsatz von Prescriptive Analytics – Lösungen in Form von Handlungsempfehlungen.
Eine Optimierungsanwendung wie OPTANO bietet innovative Lösungen, mit denen der Planungsprozess in der Lieferkette effizient und flexibel gestaltet werden kann. Als fortschrittliche Analysesoftware geht OPTANO über detaillierte Reportingfunktionen hinaus, indem es verschiedene Handlungsalternativen aufzeigt. Ausgangspunkt ist dabei die Erstellung eines mathematischen Modells, das die gesamten Geschäftsprozesse abbildet. Entscheidungen können so mit Blick auf das Gesamtergebnis und nicht nur für einen Teil der Lieferkette getroffen werden. Mit Hilfe von Prescriptive Analytics und Solvern können Tausende von Was-wäre-wenn-Szenarien analysiert werden, um Kundentrends und Nachfrageänderungen vorherzusagen und zu verstehen. So können Sie beispielsweise ermitteln, wie sich saisonale oder wetterbedingte Bedingungen auf die Nachfrage nach Ihrem Produkt auswirken oder was passieren würde, wenn Sie keine großen Chargen mehr herstellen, sondern zu kleineren, aber häufigeren Chargen übergehen würden, und vieles mehr.
Das Ergebnis: Handlungsempfehlungen, die die Leistung der Lieferkette im Hinblick auf die vorgegebenen Geschäftsziele maximieren und Ihnen helfen, vorbeugende Maßnahmen gegen einen Bullwhip-Effekt zu ergreifen, bevor Sie die Spitze der Peitsche überhaupt spüren.
Den Schlag "mildern"
Die Pandemie hat uns damals alle überrascht und die Unternehmen waren auf die Veränderungen, die sie mit sich brachte, in keiner Weise vorbereitet. Zudem haben uns die letzten Jahre gezeigt, dass eine Pandemie nicht die einzige Ursache für den Bullwhip-Effekt ist. Die Supply Chain Analyse kann aber auf jeden Fall dazu beitragen, besser auf Unsicherheiten und Veränderungen reagieren zu können und so den „Schlag“ zu mildern.
Kennen Sie schon unser Factsheet zum Thema?
In unserem Factsheet „Warum Supply Chain Analytics?“ finden Sie einen Überblick über die verschiedenen Arten der Lieferketten-Analyse. Sie erfahren, wie Supply Chain Analytics funktioniert und wie es helfen kann, die Lieferketten Ihres Unternehmens zu optimieren.
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