Wie können Sicherheits-bestände optimal gewählt werden?

Wie können Sicherheitsbestände optimal gewählt werden?

Interview mit Katharina Klerx, Analytics Consultant bei OPTANO

In unserem Interview zum Thema Was erwartet uns im ersten Halbjahr 2024? spricht Dr. Dominik Hollmann unter anderem über die Entwicklung unserer Lösung für Inventarplanung. Wir haben mit Katharina Klerx, Analytics Consultant, über spannende Details gesprochen.

Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, mir ein paar Fragen zum Thema Inventory Management zu beantworten. Du bist ja als Product Owner in dieses spannende Projekt involviert. Was genau ist deine Aufgabe?

Katharina Klerx

Als Product Owner ist es unter anderem meine Aufgabe, die Bedürfnisse des Kunden zu erkennen und dafür zu sorgen, dass diese auch entsprechend im Produkt umgesetzt werden. Ich bin also diejenige im Team, die am nächsten am Kunden dran ist und versteht, welche Themen gerade akut sind und welche Features wir priorisieren müssen.

Wo du gerade von akuten Themen sprichst: Was sind denn aktuell die brennendsten Problemstellungen bei der Optimierung der Lagerhaltung?

Katharina Klerx

Aktuell ist die Bestimmung optimaler Sicherheitsbestände ein wichtiger Punkt. Häufig werden diese noch „aus dem Bauch heraus“ oder aus Erfahrung festgelegt und nicht evaluiert. Seit Corona die Lieferketten so durcheinandergebracht hat, ist dieses Thema noch drängender als zuvor. In dieser Zeit haben sich viele Firmen aus Angst vor Lieferkettenzusammenbrüchen die Lager gefüllt und wollen jetzt wissen, wie viel davon brauchen sie eigentlich wirklich. Volle Lager geben zwar Sicherheit, binden aber auch sehr viel Kapital, das an anderer Stelle sinnvoller investiert werden könnte.

Das hört sich ehrlich gesagt gar nicht so kompliziert an. Als Außenstehende würde ich erwarten, dass man das ganz gut Pi mal Daumen hinbekommt?!

Katharina Klerx

Klar, wenn man wenige Materialien und Vorprodukte hat, ist es tatsächlich überschaubar. Dann kommt man mit Erfahrungswerten ganz gut durch. Allerdings reden wir hier über Firmen, die mit über 1.000 Produkten an 100 Standorten, also bis zu 100.000 Standort-Produkt-Kombinationen umgehen müssen. Dann die normale Nachfrage von Ausreißern zu unterscheiden und entsprechend zu handeln ist quasi unmöglich. Gerade die Behandlung solcher Ausnahmefälle ist manuell nicht gut durchführbar.

Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass Sicherheitsbestände häufig erhöht werden, wenn es damit Probleme gab, beispielsweise weil eine Lieferung ausgefallen ist oder es einen plötzlichen Nachfragepeak gab. Danach wird aber häufig nicht analysiert, was der Grund für die Probleme war und ob der höhere Sicherheitsbestand notwendig ist, sondern einfach der höhere Sicherheitsbestand beibehalten. So wachsen diese über Jahre immer weiter an. Dabei lohnt es sich in den meisten Fällen, die Höhe kritisch zu hinterfragen.

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Optimierungspotenzial erkennen

Das hört sich doch nach einer Menge Informationen an, die da zusammenkommen. Welche Daten braucht man denn, um Sicherheitsbestände berechnen zu können?

Katharina Klerx

Im Grunde braucht man nicht viel, um diese Frage zu beantworten. Zum einen benötigen wir Nachfrageprognosen und eine Information über ihre Verlässlichkeit. Denn wie viel produziert werden soll ist natürlich ein ausschlaggebendes Kriterium für die Sicherheitsbestände.

Der zweite wichtige Aspekt ist der gewünschte Servicegrad, also wie viele Aufträge erfüllt werden sollen. Ein Kunde der 95% seiner Aufträge erfüllen möchte, benötigt natürlich andere Sicherheitsbestände als ein Kunde, dessen Zielsetzung nur 80% sind. Der angestrebte Servicegrad kann zum Beispiel von Verträgen herrühren, die einen gewissen Servicegrad garantieren. Aber auch der Stillstand der Produktion kann zu wahnsinnigen Kosten und Umsatzausfällen führen, was man gern vermeiden möchte.

Als letztes fehlt dann nur noch eine Einschätzung über die Verlässlichkeit der Lieferkette. Wer sich zu 100% darauf verlassen kann, dass pünktlich geliefert wird, kann sich geringere Sicherheitsbestände leisten.

Mit diesen Informationen wird dann das Modell gefüttert und die Optimierung berechnet die bestmöglichen Sicherheitsbestände.

Infobox Service-Level

Beim Service-Level kann zwischen dem α-Service-Level oder dem β-Service-Level unterschieden werden. Das α-Service-Level betrachtet, ob innerhalb eines Zeitintervalls – beispielsweise 1 Woche – alle Aufträge abgeschlossen werden können, ohne dass es zu einem Stockout gekommen ist. Nur dann gilt diese Woche als erfüllt. Ziel ist es beispielsweise in 9 von 10 Wochen, alle Aufträge zu erfüllen. Beim β-Service-Level wird in Prozent berechnet, wie viele Aufträge innerhalb eines Zeitintervalls abgeschlossen werden. Die Zielsetzung lautet hierbei beispielsweise, dass man 95% aller Aufträge innerhalb eines Jahres erfüllen möchte.

Und dann lässt man sich die Sicherheitsbestände ausgeben und ist fertig?

Katharina Klerx

Ein ganz klares Jain. Wenn man wirklich ausschließlich die Sicherheitsbestände berechnen möchte, ist man dann schon fertig. Allerdings kann man auf Grundlage dieser Daten noch ganz andere spannende Fragen beantworten. Ein Beispiel wäre die Verkleinerung des Lagers. Eine Firma hat Lagerflächen angemietet und möchte wissen, wie viele Aufträge sie nicht mehr erfüllen könnte, wenn das Lager verkleinert würde, um Mietkosten zu sparen. Lohnt es sich auf diese Aufträge zu verzichten, aber dafür die Lagerkosten zu sparen? Hierfür werden die Kosten der Fehlmengen quantifiziert und den Kosten gegenübergestellt, die entstehen würden, wenn man die Fehlmengen vermeiden wollte.

Man kann auch analysieren, an welchen Stellen in der Lieferkette Schwachstellen sind, die große Auswirkungen auf den Servicegrad haben. Oder berechnen, welche Konsequenzen ein Lieferantenwechsel hätte: Wie ändert sich mein Lieferbereitschaftsgrad, wenn ich Lieferant A durch Lieferant B ersetze? Wie ändern sich meine Sicherheitsbestände und damit meine Lagerkosten?

Die Daten geben unheimlich viele Möglichkeiten der Analyse und bieten häufig Erkenntnisse, die man vorher gar nicht erwartet hatte. Und wenn sie schon vorliegen, warum sollte man sie dann nicht nutzen?

Als letztes noch eine etwas persönlichere Frage. Als Product Owner, was ist dein Lieblingsfeature an OPTANO Inventory Optimization?

Katharina Klerx

Natürlich alles! (lacht) Aber wenn ich mich auf eins festlegen soll, würde ich sagen die Dashboards. Bei Optimierungsprojekten im Allgemeinen, das ist nicht nur bei Inventory Management so, braucht man immer viele Daten, die meist in Form von Tabellen vorliegen. Riesigen Tabellen. Und die sind natürlich gar nicht übersichtlich. Deshalb ist es uns wichtig, die Erkenntnisse, die aus der Optimierung herauskommen, so darzustellen, dass die Nutzer*innen sie auch direkt verstehen. Denn nur dann können sie auch sinnvoll eingesetzt werden.

Vielen Dank, Katharina, dass du dir Zeit für dieses Interview genommen hast.

Potenzial für Optimierung gibt es in beinahe jedem Unternehmen. Aber wo fängt man am besten an? An welchen Stellen lässt sich am schnellsten oder meisten einsparen? Wir bieten einen Workshop an, um genau diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Erfahren Sie Details in unserem Factsheet.

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Sabrina Geismann

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Denise Lelle
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Manager